Stand der Dinge - Teil 1

Wie Spencers Ausbildung verläuft und was das mit mir macht


Spencers Grundausbildung sollte ursprünglich im Mai beendet sein und dann wäre er im November/Dezember diesen Jahres fertig gewesen. Da er aber so schlau ist und Frau Riedy auch einfach erstkassige Arbeit mit viel Herz und Verstand leistet, kann er nun schon im September/Oktober einziehen. 
Das macht mich und meine anderen Persönlichkeitsanteile sehr froh (und die sind wirklich sehr verschieden und normalerweise nur sehr selten einer Meinung). 

Neben den Standards, die jeder Assistenzhund im Dienst zuverlässig erfüllen muss (guter Grundgehoram, auf Wegen bleiben, nicht schnüffeln, sich nicht ablenken lassen, andere Menschen ignorieren, etc.), kann Spencer inzwischen schon viele Dinge, die er speziell für mich und meine Bedürfnisse gelernt hat:


    • Kopf: Spencer legt seinen Kopf quer über meine Beine, sodass ich in Situationen, die ich nicht sofort verlassen kann oder will, die aber dennoch herausfordernd für mich sind, ruhiger werde und zum Beispiel meine Beine aufhören zu zittern und meine Atmung sich normalisieren kann.
    • Stups: er stupst mit seiner Nase gegen meine Hand. Das kann sowohl dazu dienen, dass er auf mich fokussiert bleibt, wenn es Ablenkungen in der Nähe gibt und zum anderen dazu, dass ich mich sicherer fühle und daran erinnert werde, die in der Therapie erlernten Techniken anzuwenden (v. a. Atemtechniken und Re-Orientierungs- und Wahrnehmungsübungen)
    • Safety: Wenn ich dissoziiere oder starke Angst- und Panikreaktionen zeige, stellt oder setzt Spencer sich zwischen meine Beine, sodass ich mich über diesen Kontakt wieder erden und im Hier und Jetzt orientieren kann. "Safety" ist mir besonders wichtig, weil ich gerade in heftigen Zuständen keinen Körperkontakt von Menschen (auch nicht von vertrauten) aushalten kann, sondern stattdessen noch mehr abdrifte.
    • vorne/blocken: Oft empfinde ich es als extrem belastend, wenn zu viele Menschen zu nah um mich herum sind und ich keine "Fluchtmöglichkeit" habe. Das löst Atemnot und Panik, sowie Dissoziationen und Anteilwechsel aus. Um das zu verhindern, kann Spencer sich vor oder hinter mich stellen und somit als "Abstandhalter" zwischen mir und anderen Menschen fungieren. Dasselbe funktioniert auch zu den Seiten. 
    • Schoß: geht es mir oder einem Anteil schlecht, bin ich traurig oder frustriert (häufig nach heftigen Alpträumen oder triggernden Situationen), kommt Spencer auf meinen Schoß und bleib ruhig liegen. Ich kann mich dadurch schneller wieder beruhigen und bin dabei nicht auf Menschen angewiesen. Dass Spencer keine Fragen stellt, nichts verstehen muss, keine Ratschläge oder Kommentare gibt, ist vermutlich der entscheidende Punkt dabei. Bei ihm muss ich mich nicht für meinen Zustand schämen, muss mich nicht erklären und auch keine Rücksicht darauf nehmen, ob er sich möglicherweise schuldig oder hilflos fühlt (wie es bei Menschen, die mir nahestehen verständlicherweise oft der Fall ist und war).
    • Seite: Spencer kann mich an eine ruhige Hauswand oder Ahnliches führen, wenn ich durchatmen muss oder zuvor zuviel Trubel um mich herum herrschte. Das wird mich im Alltag enorm entlasten, da Trigger, d.h. Auslöser, alles Mögliche sein können und sich somit nicht planen oder gar vermeiden lassen. 
Dazu kommt, dass Spencer durch seine starke Menschenbezogenheit auch außerhalb seiner "Dienstzeiten" auf mich fixiert sein wird und er auf meine Gefühle und Stimmungen teilweise auch ohne Signal reagieren wird. Ich durfte das bei meinen Besuchen schon mehrfach erleben und das, obwohl seine Trainerin ja momentan die Hauptbezugsperson in seinem Leben ist. 
Mit ihm an meiner Seite fällt mir schon jetzt das Rausgehen leichter, ich bin trotz fremder Umgebung nicht so angespannt und merke einfach, dass es mir und auch meinen anderen Anteilen unheimlich hilft, ihn um uns zu haben. Das lässt mich zuversichtlicher in die Zukunft schauen und ich hoffe, dadurch auch ein Stück weit alte Unbeschwertheit wiedererlangen zu können. 

Kommentare

  1. Wow! Das ist so faszinierend, was Spencer schon alles gelernt hat! Ich freue mich total, dass du ihn jetzt sogar ein bisschen früher zu dir nach Hause bekommst! LG Jane

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    1. Ja, ich bin auch immer wieder neu überwältigt und kann oft selbst nicht fassen, wie er das macht, dass ich mich in seiner Nähe so viel sicherer und geerdeter fühle!

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